Bericht von der Ausfahrt ins Pferdemuseum nach Verden

Hier ein schöner Bericht von Sabine Pamperrien über unseren gelungenen Ausflug ins Pferdemuseum nach Verden:

Der Tag für den Museumsbesuch in Verden war ideal: Draußen alles grau in grau. Der verregnete Sonnabend ließ Weihnachtsmarkt und Shopping auch für meine beiden Neffen uninteressant werden. Gottseidank! Wir fuhren direkt von Weyhe los, da vor der Fahrt nach Verden noch die kranke Omi in Erichshof besucht wurde. Die anderen zwölf Wissensdurstigen bildeten Fahrgemeinschaften und fuhren vom Stall Plate aus los. Alle kamen pünktlich an, nur wir nicht, weil ich mal wieder dem Navi misstraute und kurz vor dem Ziel eine Ausfahrt zu früh aus dem Kreisverkehr nahm. Aber die anderen warteten die fünf Minuten, die es uns kostete, wieder auf den rechten Pfad zurückzufinden.  Im Museum wartete dann schon unsere Führerin auf uns, und es ging gleich los.

Ziel des Besuchs war bei mir, die beiden jungen Herren noch ein wenig mehr auf Pferde einzuschwören. Und um es vorweg zu sagen: Dieser Wunsch wurde bestens erfüllt. Die ausgebildete Biologin erklärte uns mit schön aufbereiteten Details und auch vielen Möglichkeiten zum Mitmachen die Augen des Pferdes und anschließend noch einige Besonderheiten des Skeletts. Wer hier (wie ich) der Meinung war, doch wohl alles zu wissen, irrte! Ich jedenfalls habe viel gelernt an diesem Tag – auch über mein eigenes Unwissen. Wir hatten schon Schwierigkeiten, die wild vorkommenden Pferde zusammen zu bekommen. (Es sind Esel,  Zebras und Przewalski-Pferde und ?) Mit einem menschlichen Fußskelett als Anschauungsmaterial neben dem Pferdebein wurde der Zehengang der Pferd nachvollziehbar. Friederike fand, auch ich ginge im Zehengang. Ich nahm das als Kompliment. Man ist doch gern ein Pferd! Später ergab sich dann, dass auch Friederike ein prima Pferd ist, als sie sich mutig an das simulierte Gesichtsfeld der Pferde wagte. Wer anders als ein Pferd hätte es so beschreiben können? Hoch interessant war auch der entwicklungsgeschichtliche Exkurs anhand der verschiedenen ausgestellten Skelette. Das ging vom hundegroßen Urpferdchen, das einem versteinerten Fund in der Grube Messel nachempfunden ist, bis zum Original-Skelett von Radetzky (der der deutschen Warmblutzucht die Dressurgene von Jahrhundert-Veredler Ramzes vererbte. Plates Ratina stammt aus dieser Linie.)

 

Schwerpunkt war aber das Auge und wie sich das Sehvermögen des Pferdes von unserem menschlichen unterscheidet. Das zu wissen, ist wirklich wichtig! Pferde können Distanzen gar nicht so gut abschätzen wie wir. Gerade Springreiter sollten das beherzigen. Sie sind es, die ihrem Pferd zeigen müssen, wo es abspringen muss. Das ist nicht nur Theorie. Was man so als „gutes Auge“ eines Springpferdes bezeichnet, ist eher „gutes Hirn“. Was Pferde für Menschen tun, ist geradezu übermenschlich, denn sie vertrauen sich dem Reiter quasi blind an. Ihre Sicherheit erhalten sie nur durch ihren Reiter und positive Erfahrungen. Beides muss man bei der Arbeit berücksichtigen. Die wichtigste Erkenntnis daraus sollte für jeden Reiter sein, dass auch hier vermeintliche Widersetzlichkeiten und vermeintliche Fehler des Pferdes weit überwiegend auf für das Pferd unverständliche Reiterhilfen zurückzuführen sind. Das Pferd muss nicht bestraft werden oder durch Druck zu irgendetwas gezwungen werden. Es muss überzeugt werden, dass es seinem Reiter voll vertrauen kann.

Der Vortrag dauerte etwa eine Stunde und war sehr unterhaltsam, weil unsere Führerin uns immer wieder einbezog, Fragen stellte oder Helfer für Versuche rekrutierte. Alles war super vorbereitet, mit Namenskärtchen für jeden und diversen Versuchsanordnungen, die jedem wirklich mit eigenen Augen die Fähigkeiten von Menschenaugen (bzw. seines Hirns beim Interpretieren von Bildern auf der Netzhaut) und dann die von Pferden vorführte. Wir haben auch viel gelacht!

Nach dem Vortrag sind wir noch durch die Ausstellung gegangen und haben auf eigene Faust die Exponate angesehen. Den Jungs gefielen die Möglichkeiten, einen virtuellen Ausritt auf einer „Pferdemaschine“ zu machen, besonders auch der Ritt im Damensattel. Für jeden ist etwas dabei, an dem man hängenbleibt, seien es die vielen herrlichen alten Gemälde, die Prunkgeschirre oder die lebendig gestaltete Geschichte der Kriegspferde. Bei den Behandlungsmethoden von Krankheiten oder auch dem Beschlag verblüffte mich, dass man schon in der Antike bemüht war, den Pferden zu helfen und sich die Mittel gar nicht so sehr von heutigen unterschieden. Zugleich konnte man hier aber auch die extremen Fortschritte gerade der letzten Jahre erkennen.

Das Museum hat einen netten kleinen Shop mit viel interessanter Fachliteratur und den üblichen Mitbringseln. Ich habe eine Broschüre über „Ich muss sehen, wie Herr Frau Doktor von seinem Gaul stürzt“ über die Pferde-begeisterte erste deutsche Frau, die studieren und promovieren durfte, mitgenommen. Der Besuch von Universitäten war Frauen in Deutschland damals verboten. Der Titel sprach mich allerdings noch aus einem anderen Grund irgendwie persönlich an 😉

 

Ein wirklich lohnenswerter Ausflug! Unbedingt empfehlenswert!

Sabine